Restposten aus Porzellan
Der Löwenpokal und seine kuriose Entstehungsgeschichte
Karl Zopfy, legendärer Vorsitzender des Bayerischen Hockey-Verbandes, hätte durchaus zufrieden sein können mit der Bilanz der Feierlichkeiten, die der Deutsche Hockey-Bund anläßlich seines 50-jährigen Bestehens 1959 in München abgehalten hatte. Alles stimmte: Die Nationalmannschaft hatte sich beim Jubiläumsturnier von ihrer besten Seite gezeigt, besiegte die Niederlande 3:0, behielt auch mit 2:0 gegenüber Frankreich die Oberhand, schlug Großbritannien mit 3:1, kam schließlich zu einem 2:1-Sieg über die Schweiz, und brauchte beim 1:1 erstmals in der Länderspielgeschichte des DHB gegen die indischen Lehrmeister keine Niederlage hinzunehmen.
Doch als die Bayern noch einmal alles nachrechneten, bekamen sie einen gehörigen Schreck: Ausgerechnet einer jener wertvollen bayerischen Löwen aus feinstem Nymphenburger Porzellan, die als Souvenir für besonders liebe Gäste gedacht waren, war ihnen übrig geblieben. Was sollten sie nun anstellen mit diesem schönen Restposten?
Nach kurzer Diskussion trafen die Vorstandsmitglieder des Bayerischen Hockey-Verbandes eine der sympathischten Entscheidungen in den vergangenen 25 Jahren des deutschen Hockeys. Dieser Bayerische Löwe soll fortan dafür sorgen, dass ältere Hockeyspieler auch nach dem 40. Lebensjahr ihrem Sport noch treu bleiben. Das war eine glänzende Idee im Rahmen aller Überlegungen zur Stärkung des Breitensports und Freizeithockeys.
Mannschaften, die sich um den Löwenpokal bewerben, müssen in der Altersaddition aller elf Feldspieler mindestens 500 Jahre zusammen bringe. Dabei muss jeder Spieler mindestens 40 Jahre alt sein. Im Reglement ist die Herausforderung vorgeschrieben. Gespielt wird unter Städtemannschaften auf dem Platz des Löwen-Verteidigers. Der Herausforderer kann den Löwen nur dann entführen, wenn er das Spiel gewinnt. Ein Löwen-Verteidiger kann im Jahr maximal sechsmal herausgefordert werden.
Premiere war am 2. Oktober 1960. Die Münchener hatten sich ausnahmsweise bereit erklärt, das erste Spiel auf des Gegners Platz in Hamburg auszutragen. Verloren hatten sie bereits bei der Mannschafts-Nominierung. München schickte 517 Lebensjahre in den Kampf, Hamburg bewahrte sich seine Jugendlichkeit mit zusammen 508 Jahren. Ihre jugendliche Frische nutzten die Hanseaten auch nach Toren mit 10:2 aus. Wahrscheinlich bewusst verschweigt der Hamburger Chronist jedoch, welche Mannschaft den anschließenden Taufakt des Bayerischen Löwen am besten überstand. Maßvolle Vorteile bem Feiern hatten sicherlich die Bayern. Soviel allerdings ist sicher: Der Löwe heißt Leo I., wie auch sonst ...
Aus: "Hockey in Deutschland; 1909 - 1984", Verfasser Hanspeter Detmer
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